Elisabeth Rank

Die Sache ist ja die, dass es so viele Sachen sind.
März 4, 2013

Thermik

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Wie ich das finde, dass nun überall, wo ich als Kind war, neue Läden sind, neue Häuser, neue Mieten, neue Menschen, wie ich das finde, dass gebaut wird, wo Platz ist, dass auch gebaut wird, wo eigentlich kein Platz ist, wie ich das finde, dass das zehnte Café dort aufmacht, wo früher der zehnte Kiosk war, wie ich das finde, fragen sie immer und immer wieder seit Jahren und ziehen selber mit in diese Wohnungen und zahlen die Mieten irgendwann, anfangs nicht, aber irgendwann dann doch, sie finden dann einen Grund, der das rechtfertigt, das neue Viertel und das Geld obendrauf, sie kommen zurück in die Gegenden, aus denen sie weggezogen sind und rechtfertigen sich, obwohl niemand gefragt hat, damit vor allem vor sich selbst. Wie ich das finde, fragen sie dann und erwarten irgendetwas echauffiertes, rumpelndes und wenn ich mich dann zurücklehne und mit den Schultern zucke, nicht weil es mir egal ist, sondern weil es nie anders war, verschlucken sie sich kurz an ihrem Milchkaffee, den sie auch vor sich selbst rechtfertigen, denn dieser hier, der sei was anderes mit den Bohnen aus Sowieso und anders gemacht und tolle Maschine und so weiter, niemand will in die Schublade, aber alle haben diese Kommoden zuhause.

Ich reiche ihnen dann eine Serviette, wer sich verschluckt, will sich abtupfen, nichts verschmiert, nichts getropft, keine Sorge. Das war schon immer so. Sie wackeln dann meist verwundert mit den Augenbrauen, schauen mir kurz ins Gesicht, dann wieder auf den Kaffee, dann wieder zurück in meine Augen. Ob ich das ernst meine. Wie mir das egal sein könne. Noch ein Schluck Schaum. Das ist nicht egal, es war nur nie anders. Berlin hat sich selbst schon immer mit Vollkaracho gegen die Wand gefahren, und dahinter stand dann noch eine. Oder ein Fluss. Oder ein Baum. Oder ein Haus. Es gab hier kein Jahr in den letzten 28 Jahren, in denen nicht irgendjemand meinte, das könne man doch jetzt nicht, wie könne man denn, also wirklich. Und die Stadt hat sich trotzdem hingestellt und wurde frisiert von vorne bis hinten, alle haben sich solche Mühe gegeben, die Knoten zu entfernen und haben gerupft und gepudert, während an anderen Stellen durch die Erschütterung beim Zuppeln wieder Putz abfiel, Platz frei wurde, jemand starb, jemand ging, jemand einfach nicht mehr wollte und dann jemand neues kam, um eine Weile zu bleiben.

Das ist kein Trauma, das ist angeboren. Auch das Geschrei. Dann hören wir, die wir hier schon so lange sind, dass sie noch lebt, dass das alles noch bebt, dass es nicht aufhören wird, mich beruhigt das.

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Februar 26, 2013

She’s my person.

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Februar 19, 2013

Alles ein Jahr.

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Das Zählen der Tage habe ich aufgegeben, bevor ich wusste, dass es Kalender gibt, ich messe in Haufen und roten Wangen und Tränen und Sonnenbrand auf den Zähnen, ich messe all das, und dich und uns und was bleibt, in geknickten Haaren und neuen Falten und berührten Stellen und ertrotteten Bahnhofshallen, in von Stürmen durchnässten Jacken und Meeren an den Füßen, ich merke mir diese 365 Tage nicht im Zählen von Erbsen sondern im Umfang des Feldes, das sie sich errollt haben, in Bildern und ausgeleerten Vasen, in auswendig gelernten Flughafenansagen und gekauften Bettdecken, ich merke mir uns in umkreisten Vierteln und Mandarinenschalenbergen, die Tage sind egal, denn so viel haben wir noch nie gemacht, so viel haben wir noch nie gesehen, so deutlich haben wir noch nie gesprochen und weißt du, ich hätte nie gedacht, dass es wirklich mit jedem Wort und jeder Oberfläche und jedem Grund ein bisschen einfacher wird, aber das Herumrutschen auf dem Stuhl, lass mich das sagen, passiert nicht aus Nervosität, sondern weil sich mein Körper nicht entscheiden kann, ob er einfach hier bleiben will mit dir oder noch ein Stückchen gehen.

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Februar 15, 2013

Da ist es.

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Das ist der Moment, in dem man keine Worte braucht, weil man sie alle in den Händen hält. Anfassen, reinschauen, sich vergewissern. Und wir finden uns ganz gut.

Mein neuer Roman “Bist du noch wach?” erscheint am 12. März 2013 im Berlin Verlag. Vorbestellbar ist er hier. Und natürlich im Buchladen eures Vertrauens. Worum es geht? Vor allen Dingen geht es um Freundschaft und darum, wie man einen Abschied findet, wenn man eigentlich keinen Abschied will.

Für Presse-Exemplare und Lesungsanfragen melde man sich hier, für Interviewanfragen auch gerne bei mir direkt unter elisabeth.rank ( at ) gmx.de. Die aktuellen Termine findet ihr am unteren Ende dieser Seite. Und ja, ich freue mich sehr auf alles, was kommt. Tausend Dank und ein großes Stück meines Herzens an all die Menschen, die das ermöglicht haben. Ihr wisst schon.

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Februar 5, 2013

Inventar

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Es gibt eine Autobahnfahrt und es gibt diese Landstraßen und manche davon sind Alleen, die jetzt im Winter nichts mehr haben von der Idylle außer vergilbte Heuballen am Rand, die jemand vergessen hat abzuholen, und es gibt den schlechten Radioempfang und dann die CD, die irgendjemand mal im Auto vergessen hat, und die wir am Ende lieber ausmachen, und dann gibt es noch den Lidl und den Aldi und einen Penny und die Tankstelle, ein Nagelstudio, einen Schreibwarenladen, im Ort dahinter ein kleines Hotel, eine S-Bahn-Station, einen Computerfachmann, eine Werkstatt, Fashion & Mehr, das Mehr schreiben sie groß, als hätten sie Meer schreiben wollen, ist aber ein See da vor ihrer Tür und im Sommer kommen zu viele und im Winter zu wenig. Es gibt diese Dörfer, die nur eine Straße haben, eine Straße immer geradeaus und manchmal einen Vorgarten mit Metallzaun und dahinter Fenster mit zugezogenen Gardinen und in der Fassadenfarbe toben sie sich aus, alle Nuancen an Lachs gibt es, die Seitenwände werden nicht gestrichen, nur die Fassade nach vorn, manchmal Mint auch, wie lange haben sie dafür gestritten im Dorfrat, hellblaue Dächer.

Am Friedhof gibt es eine dunkelgrüne Umzäunung, eine silberne Türklinke, die man nur ein bisschen herunterdrücken muss und schon springt die Tür auf, ganz sauber, kein Abdruck, kein Schweiß, es gibt Grabsteine, zwei drei Kreuze, und wenig Platz dazwischen, die Parzellen im vorderen Teil sind eng geplant, drumherum noch viel unangetasteter Rasen, aber dort, wo schon losgelegt wurde, da platziert man effizient, selbst jetzt im Januar ist ordentlich geharkt. Es gibt Gestecke und Wintergewächse und ordentlich abgewischte Töpfe und die zu dicke Metallschrift auf den Steinen, es gibt keinen Ort zum Sitzen, jedenfalls keinen, an dem man sich nicht komisch vorkommt, aber es gibt die kleine Kapelle, in der wir noch nie waren, und die niedrigen Wohnhäuser drum herum, die Schule am Ende der Straße, direkt am Wald, es gibt einen Müllplatz fürs Plastik und einen für den Biomüll und einen für alles andere, wo nichts drin liegt, es gibt einen Wasserhahn und leere, ausgespülte Gemüsegläser, es gibt knackendes Eis, sofort berstendes, brechendes Eis, es gibt nicht einmal Schnee und keinen anderen Menschen, dich nicht und mich nicht, aber weiße Ranunkeln und die Angst, sie könnten heute nacht nicht überleben, es gibt Tannen, ich weiß, ringsum sogar, einmal rum, und die Schienen in der Ferne, ich weiß, und den See und keinen Lärm und nicht so viel Besuch, denn das nervt, ich weiß, aber es gibt Palpitation und wie du damals gesagt hast, du bleibst.

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Februar 4, 2013

I think they are like Braille for those who can see but can’t feel.

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Februar 3, 2013

Ich sage ja immer, es macht mir nichts, doch es macht mir was.

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In mir etwas aus, in mir etwas an. Nach drei Wochen Stille und Meer und einem Horizont, den man ganz unbewusst einfach absucht mit dem Auge, obwohl man weiß, dass man nichts finden wird (und der einem dann zeigt, wie man auch sonst so funktioniert und dass wir alle immer auf dieser beschissenen Suche sind ohne mal Ruhe zu geben, ohne mal zu sagen, is gut jetzt, is doch einfach mal gut jetz), nach drei Wochen Ausleeren, sich und den Kopf und die Poren, nicht einmal mit Schwung sondern langsam, der Stress blutete aus, nach diesen drei Wochen ist wieder Platz und nach diesen drei Wochen ist so viel Platz, dass ich um alles, was passiert, sogar noch einmal ein paar Schritte machen kann, um es mal wieder von allen Seiten zu betrachten. Ich sage ja immer, es macht mir nichts, doch es macht mir was, all das, was passiert. Es macht mir etwas aus in verschiedenen Gegenden des Herzens und des Kopfes und als vorgestern jemand neben mir saß, der meinte, er könne es nicht, sich so angreifbar machen, solche Texte schreiben, die etwas mit dem eigenen Puls zu tun haben, und sie dann online stellen, da verstand ich ihn und nickte und gleichzeitig wusste ich, es darf etwas tun, man darf sich auch angreifbar machen, ich wäre dafür, das täten viel mehr Menschen, sich angreifbar machen und brüllen und flüstern, auch wenn es so oft nervt, aber mir sind Äußerungen immer lieber als Wandfarbe, Löcher lieber als Glattputz.

Und wie man den Stress jetzt ansieht, den man jeden Tag hat, und wie man das Ziel dahinter jetzt ansieht, das man nicht jeden Tag hat, und wie man mit der Lautstärke umgeht und dem nicht mehr ständig blauen Himmel und was man eigentlich will, nämlich mehr Disziplin im Gut Sein mit sich selbst und weniger Bequemlichkeit, weniger “Ist mir doch egal”, weil es nie egal ist und wir immer nur sagen, es ist doch egal, wenn es egal sein soll, unsere Abwehr macht die Sachen nicht kleiner und deswegen ist Unbequemes okay, mehr Umgehen damit, mehr Äußerung, mehr Auseinandersetzung, kein Wegducken mehr, weil es bequemer ist, und gleichzeitig aber auch ausloten, wann es genug ist, wann auseinandersetzen zu sich etwas aussetzen wird, das man nicht ertragen muss, die Grenzen neu ziehen und innen drin immer das Geräusch der Wellen am frühen Abend behalten, sich öfter herausnehmen aus dem Fluss, klarer sein.

Ich sagte viel zu oft, es mache mir nichts, doch es macht mir was und das ist eigentlich das Beste, was passieren kann. Sich selbst aufmachen und ehrlich sein und damit umgehen lernen, dass nicht jeder damit umgehen kann, in Bewegung bleiben und dennoch Inseln aufschütten. Alles lieber als Taubheit und immer wieder Platz machen, aussortieren, wissen, warum man sich für etwas entschieden hat und gegen etwas anderes. Sich nicht scheuen.

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Dezember 31, 2012

2012: It just takes you.

Wie früher (2009, 2010, 2011) nun auch eine Retrospektive für das vergangene Jahr.

Januar
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Ich habe in der 8mm-Bar gefeiert, wir haben getrunken, getanzt und geküsst, bis es wieder hell wurde. Vom ersten Tag des Jahres habe ich nicht viel mitbekommen außer einem Kopfkissen. Ich habe “Letters to Emma Bowlcut” von Bill Callahan gelesen, immer noch das Buch des Jahres. Beruflich bin ich nach Düsseldorf geflogen und habe K. und den tollen Hund besucht. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich eine Rodelbahn heruntergefahren, die länger als 500 Meter war. Ich stand daneben, als jemand sagte: “Ich musste dich kennenlernen. Es kann ja nicht sein, dass du irgendwann Kinder von jemandem bekommst, vielleicht sogar einem Idioten, und ich habe dich nicht einmal zu Gesicht bekommen vorher.” Ich habe angefangen, mit dem Lektor Desserts zu essen.

Februar
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Wir zogen um. Vom Friedrichshainhinterhof in die Panoramawohnung im Prenzlauer Berg. Kisten und Gefühle, auch in mir drin. Ich war mit meiner Mama am Meer und habe Kunst betrachtet, mit der kein Mensch je etwas zu tun hatte. Ich habe gelbe Luftballons auf einer Hochzeit in die Luft geschickt und meine Daumen gedrückt. Eine neue Sonnenbrille ist eingezogen und ich habe Leif Randt gelesen.

März
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Der erste von drei Monaten frei zum Schreiben. Ich bin krank geworden, habe jemanden im Krankenhaus besucht, eine Veranstaltung für Binooki moderiert, The Shins und Casper live gesehen. Durch ein Schlüsselloch habe ich in ein Leben aus Lego geschaut und einen der wichtigsten Briefe meines Lebens geschrieben. Ich habe das Gesicht der Stadt, das sie tagsüber hat, wiederentdeckt und einfach gewohnt. Ich habe geschrieben, auch einen Text für die Page, und in einer Nacht auf einer Brücke jemanden wiedergetroffen, den ich schon beinahe vergessen hatte. Von da an ließen wir einander nicht mehr aus den Augen.

April
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Der zweite von drei freien Monaten. Ich bin nach Nizza geflogen und wurde im Cabrio durch Monte Carlo chauffiert. Im Hafen lag ein goldenes Boot, auf einem anderen war ein Hubschrauber geparkt. Der Kuss des Jahres auf einem französischen Balkon. Wir haben Wein getrunken im Michelberger Hotel, die Sonne war schon so warm, dass ich mir auf dem Fensterbrett einen Sonnenbrand holte. Ich kaufte mir einen Sonnenhut. In einem Glückskeks war ein Zettel, auf dem stand: “Happy marriage, big house and a lot of luck.” Ich war wieder Teenie bei Angels & Airwaves.

Mai
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Der dritte von drei freien Monaten. Hier habe ich am meisten geschrieben. Und John K. Samson live gesehen. Mit dem Büro waren wir auf dem Land. Und haben gemerkt, dass der Tod uns immer im Nacken sitzt. Der Besuch aus dem anderen Ende des Landes kam wie jedes Jahr. Wir hielten unsere Köpfe in den Wind auf dem Tempelhofer Feld, frühstückten auf einem Hochhausbalkon. Ich kaufte mein erstes langes Kleid und fuhr Tretboot auf einem See mitten in der Stadt, während ein Reiher zusah. Mir wurde ein T-Shirt aus Schweden mitgebracht. Ich las “The fault in our stars” von John Green.

Juni
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Ich ging wieder ins Büro und suchte meinen Weg zurück. Wir sahen Othello in Potsdam und wurden danach von einem großen Gewitter überrascht, während wir Wein an der Straßenbahnhaltestelle tranken. Wir feierten den Release des Travelettes-Buches mit einer Geschichte von mir darin, C. kam endlich wieder zurück in die Stadt. Beruflich zermarterten wir uns die Köpfe und wussten nicht so recht, wohin. Wir sahen die Bilder von Diane Arbus und New Order live. Und machten Picknick mitten auf dem See.

Juli
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Ich flog nach London und kam mit einer Bronchitis zurück, wir sahen “Moonrise Kingdom” und “Batman” im Kino, die Business Punk klopfte an für ein Interview und es kamen viele Leute nach zu uns nach Hause, wir aßen viel Kuchen und sahen schön aus. Ich lief mir selbst als Kind auf einer Theaterbühne über den Weg, wir guckten Fußball in der Stadt und ich fand ein riesiges vierblättriges Kleeblatt auf dem Weg zur Arbeit. Ich verschenkte einen Emilfanten und kaufte die Black Atlantic LP. Ich bekam das Ultra Book geschickt, für das ich einen Text über “Zuhause” geschrieben hatte, und ein Skateboard.

August
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Wir zogen mit dem Büro an den Kanal. Wir gingen auf eine Hochzeit in Oslo und machten Mangoeis in Espressotassen. Ich sah Listener live und fuhr Schlauchboot in Hamburg, wir lagen auf schwankenden Stegen und schauten nachts auf die Lichter im Hafen. Maximilian Hecker las uns vor, wir schwitzten ausgiebig und sonnten uns auf dem Bett. Ich bekam Fotos aus Island geschickt und schrieb immer noch hier und da.

September
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Wir verbrachten einige Zeit in Portugal, schliefen und lasen und schluckten das gute Leben ohne zu kauen. Die Arbeit drumherum wurde nicht weniger, aber beruhigte sich etwas, der Herbst sagte leise hallo. Ich suchte die Zitate für den Anfang und das Ende vom Buch aus. Ich moderierte eine Lesung vom Binooki Verlag, schaute nach dem Emilfanten und kaufte mir eine Mütze für die kälteren Tage. Eine Party verlangte von uns, ganz in Weiß zu kommen und ich kaufte Schuhe, in denen sich der Himmel spiegelt. Die Blätter wurden bunt und C. photographierte mich für das Buch.

Oktober
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Ich feierte einen wunderbaren Geburtstag mit vielen tollen Menschen, und dass ich das Buch endgültig abgegeben hatte. Wir liefen durch ein regnerisches Stockholm und wir schmiedeten Pläne wie aus Versehen. Wir gingen ins Aquarium und beobachteten Grunzgroppen und Hängebauchseepferdchen.

November
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Wir unterschrieben einen Mietvertrag. Ich las die Schlingensief Biographie und wir buchten eine Reise zum anderen Ende der Welt. Wir feierten mit Luftballons und Glitzer im Gesicht, obwohl wir schon davor müde aussahen. Ich wollte die ganze Zeit nur schlafen.

Dezember
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Der lauteste Monat von allen und so viel zu tun, dass man kaum zum Nachdenken kam. Aber wir hatten einen dieser magischen Abende im Cookies Cream, die man nicht vergisst, ich lebte auf engstem Raum mit jemandem, um zu merken: Ja, es geht. Und ja, wir möchten das auch weiterhin. Mit Doppelbettdecke. Wir packten Kartons und hielten uns nachts im Arm, weil tagsüber keine Zeit war dafür. Wir funktionierten von vorne bis hinten und vergaßen die Angst. Meine Augenringe wuchsen bis zum Kinn, ich gab für meinen Opa eine Kontaktanzeige im Internet auf und ich fand zum ersten Mal in meinem Leben Konfetti in meinem Bett.

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Wie es war: Ein Machen-Jahr. Nicht laut, aber anstrengend. Eines mit sehr viel Arbeit, das darf sich ruhig ein bisschen ändern, am Ende liegt es ja immer an uns selbst. Ein sicheres Jahr. Eines, das mir gezeigt hat, dass es sehr schön sein kann, in manchen Dingen eine Routine zu entwickeln. Zu merken, dass ich manche Dinge mittlerweile einfach kann, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Ein liebevolles Jahr.

Was ich gelernt habe: Dass man manchmal durchhalten, nicht rumlabern, nicht quatschen, sondern einfach machen muss. Dass ich meinem Bauchgefühl vertrauen kann. Dass die Dinge einfach passieren, egal, wie sehr du dich auf den Kopf stellst. Dass ich stärker bin, als ich dachte. Dass passieren kann, womit man nicht rechnet. Dass ich gewappnet bin in alle Richtungen. Dass ich noch keine Hornhaut auf der Seele habe und trotzdem erwachsen geworden bin. Mutig sein ist anfangs schwer und später schön.

Und danach: Ich erwarte nichts, aber noch mehr Gleichgewicht ist ein Ziel, Ruhe und Sortierung, noch mehr Wert auf die Prioritäten legen, anderen Dingen Wichtigkeit einräumen. Das Buch wird erscheinen, ich werde in eine wundervolle Wohnung ziehen und das Jahr beginnt mit Urlaub auf einer einsamen Insel. Großartige Aussichten, breites Grinsen.

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Dezember 28, 2012

Additive Farbmischung.

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Dezember 27, 2012

Energieerhaltungssatz.

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Was macht man mit denen, die von sich selbst sagen, sie gehörten nicht hierher? Die sitzen und schauen und denen man die Hand auf den Bauch legt, ohne dass sie etwas spüren, weil jegliches Gefühl nur von ihrem Kopf abhängt? Wie lange stehst du noch vor dem Haus derer, die nicht herausschauen, weil sie der Meinung sind, draußen verändere sich nichts mehr, das bliebe alles gleich seit Jahren und die Dinge, die sich doch veränderten, seien die Aufmerksamkeit nicht wert? Wie lange erklärst du ihnen noch, dass es mehr gibt, als vier Wände oder vier Beetränder, wie lange wirst du dort noch stehen mit dem Arm voller Bücher und Blumen und hoffen, dass es genug aussieht, um einen Blick zu verdienen? Wie lange wirst du den Teller mit dem dicken Stück Pessimismus in der Mitte noch von dir wegschieben und verweigern, weil du weißt, dass dieser Berg so schmeckt wie rohe Zwiebeln mit Ananas garniert, während dein Gegenüber ordentlich reinhaut, alles innerhalb weniger Minuten verputzt und danach fragt, wo eigentlich das nächste Stück bleibt, früher wäre das ja schneller gegangen und überhaupt, die Menschen heutzutage seien ja auch nicht mehr das, was Menschen sein sollten und ja auch irgendwie noch nie waren. Wie oft wirst du noch fragen, was sich denn ändern müsse, mit dem Wissen, dass du keine Antwort außer einem Kopfschütteln bekommen wirst, keine Geste außerhalb einer zerfurchten Stirn?

Eine dieser Fragen, auf die es keine Antwort gibt, weil es keine Frage ist. Du wirst das für immer machen, du wirst nicht aufhören damit, du wirst weiterhin anrufen und diese Bücher bringen, du wirst hingehen und sitzen und zuhören und vielleicht wirst du besser werden darin, keine Antwort zu bekommen, besser darin, anzunehmen, was ist und wer ist und wie es ist, weil es sich nicht mehr ändern wird, die letzten Jahre einpacken in Packpapier, wie man es mit Geschenken macht, damit sie glänzen, auch wenn ihnen manchmal nicht danach ist. Die nächsten Jahre in Luftpolsterfolie legen, damit sie nicht kaputtgehen, auch wenn sie vielleicht nicht mehr die jüngsten sind und nicht so, wie du dir das mal vorgestellt hattest. Du wirst niemals aufhören zu sprechen, auch wenn er dich nicht mehr hört, du wirst nicht aufhören, ehrlich zu sein, auch wenn er es vielleicht nicht mehr verstehst, du wirst nicht aufhören, einfach nicht aufhören, weil das nicht im Konzept steht, weil das nicht dazugehört, jedenfalls zu deiner Version nicht.

Du wirst erst anhalten, wenn der Rest es auch tut, vorher nicht, vorher wirst du diese Hand nehmen und auf die Kakteen und die Schafe legen, du wirst Fotos machen, weil sie Veränderung dokumentieren und du wirst dir anhören, dass du das Licht falsch gesetzt hast und innen drin wissen, dass das Licht nicht in deiner Verantwortung liegt. Du wirst eigenen Kuchen und neue Menschen mitbringen, immer und immer wieder Namen sagen, die er noch nie gehört hat, du wirst es anders machen als er. Für ihn.

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