Die Zukunft
SO WIRD ES BALD SEIN:
Von der Wegkreuzung zum Verkehrsknotenpunkt
Seit 1702 gab es auf dem Gebiet des Potsdamer Platzes jenseits der Mauerstraße
nur einen sandigen Feldweg, an den rechts der Tiergarten heranreichte, links
sich die Äcker des cöllnischen Sommerfeldes erstreckten.
Dieses Gebiet war ursprünglich kleiner als das des heutigen Platzes. Es wurde
durch das Zusammentreffen von vier Wegen gebildet: Ein älterer führte nach
Schöneberg, zwei neuere Wege in andere Richtungen, davon einer zu einer 1730
angelegten Meierei. Er hieß zunächst Tiergartenweg, nach 1787 Bellevuestraße, da
damals auf einem angrenzenden Grundstück das Schloß Bellevue erbaut wurde. Diese
Wege entwickelten sich zu einer erweiterten Straßenkreuzung, die vor dem
Leipziger Platz lag. Er war im barocken Stil angelegt worden.
Schon 1735 war am Platz das alte Potsdamer Tor in eine damals errichtete
Zollmauer gebrochen worden. Berühmt wurde bereits im 18. Jahrhundert der
Richardsche Kaffeegarten am heutigen Potsdamer Platz, der auch von ausländischen
Gästen gelobt wurde. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts zogen immer mehr Händler,
Bankiers und Diplomaten nach Berlin, der neuen Hauptstadt Preußens.
Der Wirtschaftsaufschwung begann, mit ihm kamen nun auch Künstler,
Schriftsteller und Wissenschaftler hierher. Vom damaligen Gebiet des Platzes aus
nahm die erste preußische Staats-Chaussee ihren Anfang, die 1792 angelegt und
später zur Potsdamer Straße wurde. Sie führte über die Gebiete der heutigen
Bezirke Schöneberg, Steglitz, Zehlendorf, den Ort Stolpe und Potsdam bis nach
Leipzig. Das neue Potsdamer Tor wurde 1824 hier errichtet; der Platz hieß
deshalb seit dem frühen 19. Jahrhundert allgemein "Platz vor dem Potsdamer
Thor". Es wurden von dem berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel 1823
anstelle des baufällig gewordenen alten Tores zwei kleine dorische Tempel
entworfen, die mit einem Gitter verbunden waren.
Der angrenzende Platz war ein Rasenplatz mit Linden, geschmückt mit versetzten
Laternenträgern von der 1817 abgerissenen alten Opernbrücke. Er hieß wegen
seiner Form "das Achteck". Der eigentliche "Platz vor dem Potsdamer Thor" wurde
umsäumt von den Ausläufern des Tiergartens. Durch Schinkels Neugestaltung war er
belebter geworden als zuvor. 1831 wurde er dann erstmals als Potsdamer Platz
bezeichnet. Den ersten Bahnhof Berlins und Preußens erbaute die
„Berlin-Potsdamer Eisenbahngesellschaft" zwischen 1835 und 1838 als Endbahnhof
in der Hirschelstraße am Platz, womit dessen bewegte Verkehrsgeschichte begann.
Die erste Linie führte seit Oktober 1838 von hier aus über den Platz nach
Westen. Er wurde zum Haupteinlaß in das damalige Berlin.
Schon 1847 führte eine Pferde-Omnibus-Linie von Schöneberg über den Platz zum
Molkenmarkt. Die Besiedlung der benachbart gelegenen Vorstadt (Potsdamer oder
Friedrichs-Vorstadt) nahm bis um 1850 stark zu. Der Abriß der angrenzenden
Zollmauer erfolgte 1851, der der Stadtmauer am Platz 1867/1868. Durch den
Wirtschaftsaufschwung mit der einsetzenden Industrialisierung wurde deutlich,
wie wichtig der Platz künftig werden würde. Bald ließen sich daher Adlige und
Geschäftsleute von damals berühmten Architekten an der Potsdamer Straße
luxuriöse Geschäftshäuser und Villen errichten. So hieß die Gegend im Berliner
Volksmund schnell das „Millionärsviertel". Inzwischen waren der Potsdamer und
der Leipziger Platz zusammengewachsen.
In den folgenden Jahrzehnten wandelte sich der Platz, am westlichen Ende der
Leipziger Straße beziehungsweise an der Westseite des Leipziger Platzes gelegen,
vom beschaulichen Vorstadtareal zu einem der zentral gelegensten Stadtplätze in
den damaligen Großstädten Europas. Vier Straßen kreuzten sich schließlich hier
und mündeten in den Platz ein: Bellevue-, Potsdamer, Leipziger und Linkstraße.
Die Königgrätzer Straße (heute Ebert- und Stresemannstraße) durchschnitt den
Platz. Vom Spittelmarkt aus führte 1880 die erste Pferdebahnstrecke über die von
acht auf elf bis zwölf Meter verbreiterte Potsdamer Straße am Platz entlang bis
nach Schöneberg. 1890 zog die Regierung in das nahegelegene Reichstagsgebäude an
der Wilhelmstraße und in Gebäude am Platz ein. Im selben Jahr fuhren von hier
aus schon 1,5 Millionen Fahrgäste ab, womit der Potsdamer Bahnhof alle anderen
Knotenpunkte des Berliner Zugverkehrs überrundete.
1895 überquerten täglich rund 20 000 Wagen den Platz, vor allem
Pferde-Straßenbahnen und viele Droschken. 1902 fuhr bereits eine U-Bahnlinie vom
Stralauer Tor aus zum Potsdamer Platz. Der steigende Verkehr brachte mehr
Touristen nach Berlin und an den Platz. Zugleich wuchs nach der amtlichen
Statistik die Bevölkerungszahl in diesem Bereich Berlins an: Von 86 512
Einwohnern im Jahre 1895 auf 115 369 im Jahre 1900. Um die Jahrhundertwende gab
es hier 92 Restaurants, 10 Destillen, 13 Wiener Cafes und 36 Kneipen. Viele
Berliner und auswärtige Besucher lud das Viertel um den Platz zum Flanieren ein.
Er zog durch dieses Umfeld auch zunehmend die damaligen Eliten als Wohngebiet an
und wurde so bald nach 1900 zu einem neuen Zentrum im damaligen Westen Berlins,
mehr noch für das deutsche Kaiserreich zu einem politisch-wirtschaftlichen
Zentrum, das er später in der Weimarer Republik auch bleiben sollte.
Zu dieser Zeit angesehene Architekten bauten hier besonders Geschäftshäuser und
Villen für diese Kreise, zu denen Adlige, Bankiers, Geheimräte, Kaufleute und
Künstler gehörten. Darunter waren damals so berühmte Namen wie die der Maler
Anton von Werner und Wilhelm von Kaulbach, aber auch Mitglieder des preußischen
Herrscherhauses. Erstklassige Hotels und der gehobene Spirituosenhandel
etablierten sich um 1900, wodurch der Platz zu einem Brennpunkt urbanen Lebens
aufblühte. 1904 fuhren bereits 34 elektrische Straßenbahnen und 700 Droschken
täglich über den Platz.
Das erste Lichtspielhaus zeigte hier Stummfilme. Nach Kriegsausbruch 1914 fanden
auf dem Platz pazifistische Massenversammlungen statt. Dabei wurde im Frühjahr
1916 der Sozialist Karl Liebknecht als Agitationsredner verhaftet. In der
Folgezeit entwickelte er sich zum verkehrsreichsten Platz im damaligen Europa,
was dann später von den Nazis für ihre Propaganda verwertet wurde. Besonders
charakteristisch dafür war schon sein Bild in den zwanziger Jahren:
Damals fuhren täglich etwa 20 000 Fahrzeuge, 40 elektrische Straßenbahn- und
Omnibuslinien am und über den Platz; rund 100 000 Passanten bewegten sich auf
ihm. Um dieses lebhafte "Verkehrsgewimmel" regeln zu können, wurde 1924 erstmals
in Berlin eine nach amerikanischem Vorbild von Jean Krämer entworfene und den
Bedingungen des Platzes angepasste, damals noch handgeschaltete Ampelanlage in
Form eines 8,5 Meter hohen fünfeckigen Verkehrsturmes mit Uhr und Plattform für
den schaltenden Verkehrspolizisten errichtet, die weit über Berlin hinaus
bekannt und zum Wahrzeichen des Platzes als verkehrstechnisches Zentrum wurde.
Die Farbsignale dieser „Ur-Ampel" führten zur Verbreitung der heute überall
üblichen Ampelfarben Grün, Gelb und Rot. Sie stand nur bis 1936 dort, da sie
wegen des S-Bahnhofes für die damals gebaute Nord-Süd-Bahn wieder abgebrochen
wurde.
Im September dieses Jahres ist sie als Nachbau der Firmen Daimler Benz und
Siemens am Leipziger Platz aufgestellt und übergeben worden, bis sie ihren
endgültigen Standort auf der Freifläche über dem neuen unterirdischen
Regionalbahnhof Potsdamer Platz, nahe dem Renzo-Piano-Gebäude, finden wird. Auch
einen Chat gibt es dort.
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vom 11.11.2007
© alle Fotos qp / Berghäuser