1. Durfte Zamperoni lächeln?

    29. Juni 2012 ~ 4 Kommentare

    Ich habe mich daran versucht, diese Frage nun für ganz Deutschland zu beantworten.

    Ja.


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  2. Ich arbeite meistens im Dunkeln

    15. Juni 2012 ~ 3 Kommentare

    Ich trank schwarzen Tee und einige Gläser Wasser. Einzig das kleine Licht brannte und ich glaube, es ist nicht besonders gut für meine Augen. Im Dunkeln wohnt eine Ruhe, die Helligkeit aufzulösen scheint. Wenn ich in Arbeit versinke, vermisse ich kein Tageslicht. Ich glaube, letzte Woche lebte ich in starrer Finsternis. Es überraschte mich dennoch, wie sehr ich mich nach der Sonne sehnte. Also lief ich hinaus. Die ersten Strahlen trafen mich, kurze Stiche, sanfte Stiche wie ein zartes Streicheln. Bald war ich umhüllt von Licht, empfand den Ausdruck eines religiösen Gemäldes 1 und ich trabte und das Traben, eines Wolfes gleich, die Straße entlang, ungestört vom rauschenden Verkehr. Etwas hatte mich festgehalten, mich gefesselt, all die Zeit und nun war ich in Freiheit und begann zu fliegen. Ich stieg auf in die Wolken, die Höhe fürchtete ich nicht, nichts fürchtete ich. Die Straßen waren Streifen, dann Striche, nur noch Punkte neben blauen Flecken, die sie umschlangen in ein großes blau, das bald schrumpfte, bis es hinter einer dunklen Wand verschwand. Ich passierte andere Punkte, nur einer war mir noch im Blick. Seine Farben hatte ich zuvor noch nie gesehen. Mit der Nähe spürte ich seine Wärme, und dann hatte ich den Strudel vor Augen, ein Feuer von endloser Gewalt. Es erschien mir nicht bedrohlich, lieblich war es und als ich es endlich berührte, es mich an sich riss, langsam verschluckte, war da kein Schmerz. Nein, ich fühlte eine unbeschreibliche Glückseligkeit und ich verdamme diesen verfluchten Wecker.


    1. Wahlweise auch eines dreifachen Supersayajins ↩

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  3. All Due Respect 1  ~

    He claims that Goto’s men contacted him before the story ran and warned him that he’d be killed if he published it. After that, Adelstein was placed under Tokyo police protection, and the F.B.I. monitored his wife, Sunao, and two children, who had moved to the U.S.

    Sehr lesenswertes Portrait des amerikanischen Journalisten Jake Adelstein, der seit Jahrzehnten in Japan über die Yakuzi berichtet.


    1. Der komplette Artikel ist nur Registrierten zugänglich. ↩

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  4. Der geschenkte Koran (Jüdische Zeitung, Mai 2012)  ~

    Das Geschenk sei hinterhältig, weil die islamistischen Menschen die es verteilen, mindestens hinterhältig, wenn nicht gar bösartig seien. Sie würden mit dem Koran nur Kontakt zu mir suchen und mit mir reden wollen.

    Gustav Goy schreibt über die absurde Hysterie um den geschenkten Koran.


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  5. Sport und Mord   ~

    Breitner, der gerne als rebellischer Einzelgänger auftrat und sich ohnehin nicht mehr im Kader befand, empfahl seinen ehemaligen Teamkollegen, dem argentinischen Präsidenten Jorge Videla als Zeichen des Protestes den Handschlag zu verweigern. Berti Vogts wollte dagegen energisch wissen, ob der Reporter vom WDR die gleiche Frage gestellt hätte, wenn die WM in der Sowjetunion stattfände.

    Es gab schon einmal ein Fußballturnier, das von Boykottaufrufen begleitet wurde. Die Zeit erinnert an die Weltmeisterschaft in Argentinien im Jahr 1978. Die heutige Debatte wirkt im Vergleich sehr besonnen.


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  6. Metaphern zu Sprachen, sprachliche Metaphern, metaphorische Sprachen

    11. Mai 2012 ~ 5 Kommentare

    spacer Die deutsche Sprache ist Manufaktur, qualitativ hochwertig, aber kein Produkt ist perfekt – die Ecken und Kanten sind noch im Mund zu spüren: Niemand! Wunde! In Ordnung! Brot! Staat! Tisch! Stuhl!

    Albanisch ist der Flug eines alten Vogels, er setzt an, ihm ist noch die Eleganz der Jugend anzusehen, aber kurz darauf zwingt ihn die Erschöpfung zur Landung: Asnjeri. Plagë. Në rregull. Bukë. Shtet. Tavolinë. Karrige.

    Hebräisch ist eine Erkältung, die Stimme ist rau und manchmal ein wenig weich, sie erinnert an den Gesang guter Bands, aber hin und wieder verfangen sich Laute im Hustenschleim: Af’echaad’lo (אף אחד לא) 1. Peza (פצע). L’asher (לאשר). L’echem (לחם). Medina (מדינה). Schulchan (שולחן).

    Arabisch erinnert an ein ähnliches Krankheitsbild, doch der Patient versucht sich mit Pathos zu heilen: Nakera (نَكِرَة). Gurh (جُرْح). Hasanan (حسنا). Chubz (خُبْز). Balad (بَلَد). Cheua’n (خِوَان). Beraz (بِرَاز).

    Italienisch, vielleicht 2 das Herz und die Leidenschaft, und natürlich das Klopfen: Nessuno! Piaga! In ordine! Pagnotta! Stato! Tavola! Cattedra!

    Ein Ball könnte Englisch sein, er rollt vor sich hin, manchmal tritt ihn jemand, dann ist er etwas schneller, trifft vielleicht das Ziel, hin und wieder geht ihm auch die Puste aus: No one. Wound. Alright. Bread. State. Table. Chair.

    Französisch aber ist die Feder 3, sie schwebt in der Luft und wenn sie zu Boden fällt, dann landet sie zart: Personne 4. Blessure. D’accord. Bâtard. État. Table. Chaise.

    Nächste Woche: Japanisch, Suaheli, Persisch, Russisch, Pitjantjatjara und Jukagir.
    Bild: Feder aus deutscher Manifaktur.


    1. Es ist nicht die identische Übersetzung. Ich bin Anfänger. ↩
    2. Eine besonders gute Idee ist das ohnehin nicht. Sprachen mit Lebewesen, Gegenständen, Krankheiten und körperlichen Aktivitäten zu vergleichen. ↩
    3. Allein das Accent ist eine Feder, die über dem Buchstaben ruht, hach. ↩
    4. Leider beherrsche ich diese Sprache (wie auch Arabisch und Italienisch) (noch (mein Therapeut empfahl mir Optimismus)) nicht und musste dieses Wort also nachsehen. Ich weiß nicht, ob es die richtige Übersetzung ist. Selbst wenn ich mich täusche, widerspricht es meinen Beschreibungen doch kaum. ↩

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  7. Leaving the internet  ~

    The problem is, Paul could do all of these things today, while still using the internet. He could hang out with friends more frequently, send fewer emails, spend less time trolling Facebook. The internet isn’t the cause of Paul’s (assumed) boring, meaningless life. Paul is.

    Garett Murray erklärt Paul Miller, der sich ein Jahr vom Internet fern halten möchte, wieso nicht das Internet schuld daran ist, dass er so viel Zeit dort verbringt.


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  8. Zeit

    2. Mai 2012 ~ 8 Kommentare

    spacer Ich weiß nicht, ob ich das Konzept der Zeit je verstehen werde. Ich zerbrach mir heute den Kopf darüber und ich las fast ein ganzes Buch dazu und verstehe es noch immer nicht. Vielleicht wird einfach nichts aus meiner Karriere als Astrophysiker. Welchen Zustand muss man besitzen, um die hohe Mathematik zu begreifen, sich in ihr zurecht zu finden, ohne vollkommen wahnsinnig zu werden? Oder ist Wahnsinn erst die Voraussetzung?

    Für Aristoteles war Zeit eine Veränderung. Ein Mensch verändert sich, er altert natürlich, irgendwann findet seine Veränderung ohne sein Leben statt. Leben ist auch ein seltsames Phänomen. So viele Menschen kenne ich, die an dieses etwas glauben, das den Verfall des Körpers überdauert. Die Vorstellung eines ewigen Lebens bereitet mir regelmäßig Angstzustände. Wieso wollen Bösewichte immer den Jungbrunnen finden?

    Als ich jung 1 war, im Stadium, das allgemein als “Kindheit” bekannt ist, hatte ich Angst vor meinem Schatten. Die Unmöglichkeit ihn loszuwerden, überwältigte mich. Ich erinnere mich noch gut an ein Gefühl der totalen Ohnmacht, nachdem ich diese Silhouette meines Körpers minutenlang abzuschütteln versucht hatte.

    Noch immer verfolgt mich mein Schatten. Heute sind wir jedoch gute Freunde. Seine ständige Anwesenheit ist ein Beweis treuer Kameradschaft; wären wir im Krieg, er wäre die Person, für die ich sterben würde. Anders allerdings mein Spiegelbild. Es würde mich nicht überraschen, wenn früher oder später Beweise für die Existenz eines Spiegeluniversum gefunden werden würden, die meine ursprüngliche Theorie bestätigen: mein Spiegelbild ist eine Person, die viel Geld dafür erhält, mich zu imitieren. 2

    Imitation ist auch die Zeichnung – wie ich in letzter Zeit feststellen durfte. Zuvor zeichnete ich nicht, was ich sah, sondern was ich zu sehen dachte. Ich verdanke Betty Edwards einen völlig neuen Sinn der Dinge. Zeichnen ist das Imitieren, jede Linie muss gezogen werden wie sie gegeben ist. Aber vergeblich: das Original bleibt Unikat, das Resultat aber ist die Geburt eines eben solchen.

    Ein Unikat ist ein Dukat natürlich nicht. In Wirklichkeit sind Unikate hauptsächlich Abfall. Alles ist ein Unikat. Jeder Satz ist ein Unikat, selbst wenn er ständig geschrieben wurde, ist er in seinem Kontext, in seiner Situation, in seiner Bedeutung doch einzigartig. 3 Als mir bewusst wurde, tatsächlich vor Augen geführt wurde, dass ich mehr Abfall als Dukaten zu Tage brachte, entschied ich den Eimer endlich zu leeren.

    Die Motivation eines solchen leeren Eimers ist außergewöhnlich groß. Ich nahm also das Buch dieser hohen Physik in die Hände und versuchte endlich zu begreifen, was ich stets begreifen wollte. Vielleicht ist allein der Versuch, möge er auch noch keine erkennbaren Früchte tragen, ein schönes Beispiel für Veränderung. Und damit auch Zeit.


    1. An dieser Stelle festzuhalten ist, dass dieser Beitrag schlicht ein Aneinanderreihen von Assoziationen ist. ↩
    2. Ein gewisses Talent ist ihr nicht abzusprechen. ↩
    3. Man darf mir gerne widersprechen. ↩

    ~

  9. ~
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    Denn sie sind ja elf Freunde
    die sich prima verstehen, hipp-hipp-hipp hurra!
    Ob sie weinen, oder lachen,
    es ist ehrlich, was immer sie machen!
    Ob am Boden,
    oder oben,
    eine bess’re Mannschaft gab es nie!
    Gab es nie!


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  10. Töten für die Kunst

    23. April 2012 ~ 5 Kommentare

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    Zwei Berliner Studenten haben vor, ein Schaf mit einer Guillotine zu töten, wenn eine Mehrheit auf ihrer Webseite dafür stimmt.

    Töten für die Kunst ist nicht neu. Im”Wiener Aktionismus” der 60er Jahre wurden Tiere vor Publikum umgebracht. In den Niederlanden erreichte Katinka Simonse Bekanntheit, weil sie ihre Katze tötete, um sie zu einer Handtasche zu verarbeiten. Während sie von einem Gericht freigesprochen wurde, musste die Geigerin Maria de Alvear eine Geldstrafe bezahlen, weil sie einen Hirsch erlegen ließ, um ein Musikstück neben seiner Leiche aufzuführen. Auch Falk Richwien, der zwei Kaninchen auf der Bühne schlachtete und sie anschließend aß, wurde vom Gericht verurteilt.

    Die Intention der beiden Studenten ist nicht klar. In ihrem Video zum Projekt äußern sie sich hauptsächlich über den Rauch ihrer Shisha-Pfeifen und beantworten die Frage nach dem Grund mit Floskeln aus der darbieterischen Ecke  - “Das, was getan werden muss, wird dir diktiert von der Kunst, von deinem Unterbewusstsein”.

    Wichtig sind die Beweggründe für Aufregung indes nicht. Die Grausamkeit des Mordes wird angeprangert, die Kommentare unter den Artikeln sind heftig. Tatsächlich werden Tiere dabei jeden Tag getötet und sehr viel schmerzvoller als mit der Guillotine. Ist die Empörung also naiv, weil das Gräuel aus den abgelegenen Schlachthöfen der Massentierhaltung in der Öffentlichkeit vorgeführt wird?

    Wer für den Ausdruck, also auch das Streben nach Aufmerksamkeit, zu töten bereit ist, mag über sich und die Menschheit viel sagen. Wenn für diese Unterhaltung jedoch ein Geschöpf zur Beteiligung gezwungen wird, zum Schauspieler eines Akts wird, auf dessen Bühne es sein Leben lassen muss, ist die Freiheit der Kunst überschritten.


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