2011/03/31
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Wörterblicke
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Adib Fricke

Wörterblicke

Anmerkungen zu meiner Arbeit mit Wörtern und Text

 

Seit Ende der 80er Jahre arbeite ich mit Wörtern und Text. Meine Liebe gilt den Wörtern mit ihren vielschichtigen Bedeutungen und ihren visuellen Erscheinungsformen. Auf kleinen oder großen Flächen, in Büchern präsentiert, auf Banner gedruckt oder auf Wände gemalt – mit meinen Arbeiten schaffe ich Worträume: Man kann sie durchwandern, sich darin denkend treiben lassen, die Wörter betrachten und sie sogar an den Wänden ertasten.

Das Sichtbare und Lesbare meiner Arbeiten kann von den Betrachtenden mit den eigenen Fragen nach Sinn und Unsinn frei erschlossen werden. Mit großen, auf die Wand gebrachten Buchstaben sind die Wörter eindrucksvoll, sie scheinen – wenn auch in weiter Ferne – zu sprechen. Was die Betrachtenden dabei verstehen, ist immer richtig.

Die Wörter und Fragmente können mit kreisendem Blick wahrgenommen werden. Eine Annäherung ist von allen Richtungen her möglich. Die Betrachtenden stellen variable Verbindungen her, ihre Wahrnehmungsbewegungen erschließen die vielschichtige Anordnung. Jeder Betrachtende liest anderes.

Mit der Farbe, die ich in manchen Arbeiten einsetze, werden die Wörter spektakulär. Sie erregen Aufsehen und treten in Kontrast mit dem Ort. Auch die perspektivische Verzerrung in manchen neueren Arbeiten ist ein Mittel, die räumliche Wahrnehmung zu fokussieren und die Wörter zum Schweben zu bringen.

Für einen Autor transportieren Wörter und Sätze Aussagen, er oder sie vermittelt damit etwas. Für mich als Künstler steht die Offenheit der Wortwerke für die Betrachtenden im Zentrum. Thematische Aussagen sind Anlass, mit einer Arbeit zu beginnen, hineinzutauchen in eine Bedeutungswelt, deren Unmittelbarkeit im Arbeitsprozess verschwindet. Trotz Aufhebung von Bedeutungen und Ablösung vom Ursprung des textlichen Materials bleibt der Duktus des Sprachsujets erhalten. Manchmal wird er sichtbarer als zuvor.

 

Die bisherige Arbeit lässt sich in drei Werkgruppen gliedern:

- Die aktuellen Arbeiten, die unter Public Words zusammengefasst sind und auf digitalen Textsammlungen basieren. Zu definierten Begriffsfeldern sammele ich Texte und fragmentiere diese. Aus den Fragmenten entstehen die Kunstwerke.

- The Word Company – Das Wortunternehmen, mit dem ich mich von 1994 bis 2004 der Herstellung und dem Vertrieb bedeutungsloser Wortschöpfungen (Protonyme) widmete. Der echte Ausnahmezustand war hier erreicht, als die in Ausstellungen gezeigten Werke wie ONTOM und QUOBO zugleich auch Titel der Ausstellungen wurden oder QUIVID als Wortauftrag zum Namen für das Kunst am Bau-Programm der Stadt München wurde.

- the antonym of synonym is antonym, eine eigenständige Arbeit, die zugleich postfestum zum programmatischen Überbegriff für meine experimentellen Text- und Wortarbeiten von 1988 bis 1994 wurde, bei denen ich Zufallsgeneratoren wie Das Lächeln des Leonardo da Vinci programmierte oder 30 Künstler-Werbetafeln wie bei AdibProp in unterschiedlichen Kontexten publizierte.

 

© 2010, gekürzte Fassung

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