Was über BHs

Veröffentlicht am 24. Februar 2013 by cloudette

“Schreib’ doch mal mal was über BHs”, sagt die Freundin am anderen Ende der Leitung,  “… ich trag jetzt nämlich keinen mehr, das kotzt mich alles an, war kürzlich shoppen, es gibt nur Scheiß …” DA sagt sie was, ja, und ich denke mit Grausen an mein letztes Shoppingevent, den kurzen Ausflug in die Unterwäscheabteilung: frustrierend.

Spitzen Spitzen Rüschen Strass. Plastik, mit Schaumstoff und Silikon gepolstert, hart-wie-Brett. Tonnenweise Push-up-Kram. Ich hangel mich von einem Modell zum nächsten, 95 % fallen durch den Fühltest durch, was übrig bleibt, ist unfassbar teuer. Mir geht schon vor dem Anprobieren die Restenergie flöten.

“Sag mal, haben Mädchen heute eigentlich größere Brüste als früher?”, fragte mich schon vor Jahren eine Freundin. Mit einer Teenie-Tochter war ich natürlich informiert. Und auch ein Gang durchs Kaufhaus löst das Rätsel schnell. Das Motto heißt: Ich kauf mir einen Busen – keinen BH! Aus klein mach groß, aus schwabbelig fest, aus spitz wird rund. Da hängt nichts mehr, da wackelt nichts, dank Polstern wird alles glatt & wohlgeformt, wie festbetoniert. Eine Büste.

In den 70ern gab es eine “Ich trage keinen BH mehr”-Welle, die Älteren mögen sich vielleicht erinnern. Befreiung aus dem Korsett, war die Devise. Als ich in die Pubertät kam, war es damit schon wieder vorbei, aber grundsätzlich waren BHs zum Halten da, wo nichts zu halten war, da kein BH. Aufpushen hätte nur Spott gebracht. Wie ist das inzwischen, frage ich mich? Wo schon die Teenies sich in diese Dinger zwängen? Ein kurzes Probegoogeln zum Thema bringt nicht allzu viel Erfreuliches hervor. “Ohne” in der Öffentlichkeit aufzukreuzen, scheint in die gleiche Kategorie zu fallen wie unrasierte Beinhaare, blöde Kommentare sind garantiert. Selbst “ohne Polsterung” ist höchst gewagt, man(n) könnte ja was sehen, das nicht genormt daherkommt. Womöglich gar ein Nippelchen. Herrje.

Für die Einzelne mag das sogar befreiend sein, sich einen Busen selbst zu wählen. Schönheitsideale verinnerlichen, wer ist schon frei davon? Und sich der äußeren Bewertung zu entziehen, sich per Normierung unangreifbar machen, kann erst mal sehr entspannend sein (für die, der das gelingt). Eine EntscheidungsFREIHEIT ist das nicht. Das hieße: Jede, wie es ihr gefällt – mit oder ohne, egal mit welcher Figur! Ohne Bewertung, ohne Sprüche. Warum ist das denn so schwer?

“Was über BHs” zu schreiben, öffnet doch gleich ein (inneres) Fass, gefüllt mit Körpernormen, Schönheitsidealen, Zwang. Ich behalte wohl vorerst mal meine ausgefransten Restmodelle und wünsche der Freundin das Beste für ihr Vorhaben. Und überhaupt: Es wird Zeit für BeFREIung, mehr Körpervielfalt und weniger Beton – in den Köpfen zuallererst.

Veröffentlicht unter Konsumkram, Rosa&Hellblau | Verschlagwortet mit BH, Körpernormen, Konsumkacke, Shoppen | 34 Kommentare

Kleinkindkonversation

Veröffentlicht am 21. Februar 2013 by cloudette

Kind2 kann inzwischen das eine oder andere Wort, verständliche Mini-Unterhaltungen sind möglich, manchmal aber hat es wortkarge Phasen, da reichen ihm genau zwei. Zwei Worte. Beim Abendessen zum Beispiel:

Kind2: “Meehr!”

Mama: “Was ‘mehr’? Mehr Brot?”

Kind2: “Nein!”

Mama: “Mehr Käse?”

Kind2: “Neein!!”

Mama: “Was dann ‘mehr’? Zeig mal!”

Kind2: “Meeehr!”

Mama: “Wasser? Trinken? Banane?”

Kind2: “Neeeeein!!!!”

Mama (schwitzt): “Apfel? Brot? Achne, hatte ich schon … Butter? Einen rosa Elefanten? Schokolade?”

Kind2: “NEEEEIN!!”

Mama: “Ja, was willst du denn dann?”

Kind2: “MEEEEHHHRRR!!!”

Äh, ja.

Veröffentlicht unter Alltag mit Kind | Verschlagwortet mit Abendessen, Kind, Kommunikation, Verwirrung | 5 Kommentare

Der Städterinnentraum

Veröffentlicht am 18. Februar 2013 by cloudette

Mit bloßen Händen wühle ich mich durch die feuchte Erde, sortiere Kraut von Kram, schneide Bäume, Rosen, Reben, pflanze Blümchen, Karotten, Rosmarin. Und lasse mich nach getaner Arbeit zufrieden auf das Bänkchen fallen, betrachte die Sonne beim Untergehen. Ich, die leidenschaftliche Gärtnerin.

Soweit die Theorie, besser: meine Fantasie. Ich träume den typischen Stadtkindchentraum, besonders wenn ich die Tage im Büro verhocke: Zurück zur Scholle, zur Natur. Nicht immer nur Internet und Mediengedöns. Mal was Richtiges machen. Und dazu Salat.

Dabei kann ich gerade mal ein Gänseblümchen von einer Osterglocke unterscheiden. Aber unausgelebte Fantasien haben die Angewohnheit, sich als Idealvorstellungen im Kopf festzusetzen und ein bisschen Unzufriedenheit im Alltag zu säen. Hätte ich, dann könnte ich, dann würde ich, ein Leben im Konjunktiv.

Nun tritt mein Städterinnentraum aus dem Konjunktiv heraus, denn  wir haben tatsächlich ein Gärtchen ergattert, gleich ums Eck, ein kleines Fleckchen Erde, zugewuchert mit Gestrüpp, einem halbverfallenen Schuppen und einem Rattennest unterm Kompost. In einem Gewann des Kleingartenvereins, in welchem ich nun Mitglied bin. Mit Ausweis und “Kleingartenordnung für Dauerkleingärten” und allem Drum und Dran. Hätte mir das jemand vor 5 Jahren prophezeit, hahaha, ich doch nicht, tsss, Kleinkrämergartenkolonie. Die mit dem Zwerg. Und der Fahne. Und dem Lineal. Zum Beete ziehen. (Aber sonst habe ich keine Vorurteile. Nein).

Nun bin ich also selbst dabei. Vertrag unterzeichnet, Schluss mit Fantasie, jetzt wird sich zeigen, wie sich die naiv-städtischen Träume in der Praxis formen. Ob ich nicht beim ersten Regenwurm, der mir über die Finger kreucht, kreischend Reißaus nehme und lieber das arme Internet mit Schneckentexten volljammere. Ob ich wirklich die Feierabende im Dreck wühlend verbringe oder schlicht vor lauter Grillpartys nicht zum Buddeln komme. Als erstes kaufe ich jedenfalls mal ein Gartenbuch und lese nach, was es außer Gänseblümchen noch so gibt. Auf dass es bald mal Frühling werde!

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… oder ist ein Schrebergarten der Gipfel der Verspießung?!?

Veröffentlicht unter freie Zeit, Nestgeplauder | Verschlagwortet mit Garten, Gartenzwerg, Grillen, Kleingärtnerverein, Regenwürmer | 14 Kommentare

Schatz, wollen wir Unterhosen shoppen gehn?

Veröffentlicht am 16. Februar 2013 by cloudette

Auf dem Weg zur Sportabteilung durchquere ich den Herrentrakt. Ein dezent gehaltenes Stockwerk, Textilien in grau, braun, dunkelblau, gedämpfte Atmosphäre. Hier gehen also die Jungs shoppen, denke ich noch. Aber von wegen: Vor den Unterhosen steht eine Dame, befühlt kritisch Stoff für Stoff, neben ihr wartet ein Mann, unbeteiligt schaut er drein. Etwas weiter steht junges Pärchen, männlein-weiblein, sie hält ihm einen Pullover unter die Nase. Mmmh, könnte passen, nur, die Farbe?!  Aus der Kabine kommt ein Herr geschlappt: “Nu’ dreh dich doch mal um, ich muss das auch von hinten sehn!”, dirigiert seine Begleitung. Am “Sale”-Ständer wühlt sich eine Frau durch’s Angebot, während ein Jüngling auf ihre Auswahl wartet.

Pärchen, Pärchen, Pärchen, wohin ich schaue, ich fass’ es nicht. Ehemänner, Freunde, Söhne, mit Ehefrauen, Freundinnen, Mütter. Kaum ein männliches Wesen ist hier alleine unterwegs. Ein leichter Grusel treibt mich weiter. Ich könnte noch in die Damenabteilung gehn um nachzusehen, ob dort die Herren im Eckchen warten, bis es wieder nach Hause geht. Aber das ist sicher nur so ein Klischee, denke ich und wende mich den Jogginghosen zu. Nur ein Klischee, nicht wahr?

Veröffentlicht unter Kurioses, Rosa&Hellblau | Verschlagwortet mit Herrenabteilung, Konsumkacke, Shoppen, Unterhosen | 6 Kommentare

Das Winterstubenkind

Veröffentlicht am 13. Februar 2013 by cloudette

Alles weiß weiß weiß, die Sonne strahlt, knallblau der Himmel. Das treibt selbst uns vom Sofa runter. Wir müssen raus, das Kind ausführen, Kinder brauchen Bewegung, frische Luft, sie lieben Schnee.

Alle Kinder? Nun, fast alle Kinder. Bis auf eines, ein sehr kleines. Das mag keine Bewegung, zumindest nicht in kalter Luft, schon gar keine im Schnee. Schnee, das komische Zeug, von dem die Eltern so begeistert sind, “schau doch mal, wie schön”, das kalte, nasse, blöde Zeug. Nein, das kleine Kind bleibt wie angewurzelt an der Haustüre stehen, es geht keinen Schritt, will in den Kinderwagen, und zwar sofort. Genau wie gestern, vorgestern, so geht das schon seit Wochen.

Wir rollen los, vielleicht gibt sich das ja, den Berg hinauf, schwitzend über Stock und Stein. Durch den Wald und bis zur Wiese. An vielen Schafe vorbei, über viel Schafsscheiße hinweg, es blökt von allen Seiten. Das Kind ist erstarrt, unbeweglich, ungerührt. Sollen die Eltern doch ihren Spaß haben, ihm ist’s egal. Es läuft nicht einen einzigen Schritt, will  nicht einmal den Boden berühren. Der Kinderwagen ist sein sicherer Hort. Selbst die Schokomuffins, am Kiosk in der Sonne, können es nicht erweichen.

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keine Stubenhocker

Stunden später plumpsen die Eltern mehlsackschwer aufs Sofa, sehr erschöpft von Sonne, Schnee und frischer Luft. Ein minikleines Mittagsschläfchen, ach das wäre schön. Doch kaum im Warmen, erwacht der kleine Wicht aus der Erstarrung. Jetzt kann die Party steigen. Und schwupps werden die Großen vom Sofa gehüpft.

Ein kleines Winterstubenkind!

Veröffentlicht unter Alltag mit Kind, freie Zeit, Wandern mit Kind | Verschlagwortet mit Kind, Schafe, Sonne, Wandern | 11 Kommentare