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Samstagabendreflexion: One Billion Rising

von Magda

Wer bei youtube die Suchwörter “One Billion Rising” (wahlweise mit der Stadt oder dem Land eurer Wahl) eingibt, findet hunderte Videos – Musikvideos, Sprachbotschaften, Tanzanleitungen – die sich an der Bewegung gegen Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* beteiligen, die auch in vielen Städten in Deutschland stattfinden wird. Für unseren Samstagabendbeat wollte ich ein paar schöne Video raussuchen, denn nächste Woche, am 14. Februar, findet One Billion Rising statt.

Etwas irritiert war ich über so manches unglaublich gewaltvolles Video, bei dem ich mich schon fragen muss, ob diese krasse Inszenierung von (sexualisierter) Gewalt wirklich sein muss… Um Menschen ‘wachzurütteln’? Menschen, die betroffen sind von dieser Gewalt müssen bestimmt nicht ‘aufgeweckt’ oder ‘wachgerüttelt’ werden, sondern werden im schlimmsten Fall re-traumatisiert. Ein anderer Aspekt ist die teils problematische Bezugnahme auf Gewalt, die i.d.R. nicht in westlichen Ländern verortet wird. In einer Bewegung, die primär von Initiator_innen aus Ländern wie den USA oder Deutschland getragen wird, stellt sich die Frage, wer an der Konzeption mitgearbeitet hat und aus welcher Perspektive Geschichten von Frauen* und Mädchen* weltweit erzählt werden. In ihrer Stellungnahme (PDF) zu One Billion Rising kritisiert GLADT e.V., dass in dem Kampagnenvideo der Initiatorin Eve Ensler rassistische Stereotype reproduziert werden: sexualisierte Gewalt wird nur von Schwarzen Männern ausgebübt, Weiße Frauen sitzen ordentlich gekleidet im Großraum-Büro, während Women of Color ohne jegliche Tätigkeit in der Wüste laufen.

Auch Nadia hat auf ihrem Blog Shehadistan aufgeschrieben, was sie stört: der Fokus auf’s Tanzen. Rambling Rose stellt in ihrem Blog ewig unzufrieden ebenfalls fest, dass der rassismus- und heteronormativitätskritische Blick fehlt.

Da wir Samstagabend für gewöhnlich einen Samstagabendbeat veröffentlichen, habe ich zwei Videos rausgesucht, die ich hingegen ganz schön finde.

“Break the Chain” von V-Day

… und die Rapperin Sookee mit ihrem eigens für One Billion Rising geschriebenen Song:

Bei dem Videodreh war ich übrigens dabei, wer genau hinschaut sieht mich ab und zu mal abdancen ;) Im Vorfeld hatten ein paar Freund_innen und ich uns übrigens Gedanken gemacht, wie in dem Video mehr Sichtbarkeit für Körper geschaffen werden kann, die nicht der schlanken Norm entsprechen. Außerdem wollten wir etwas machen, was nicht mit Sport oder viel Bewegung zu tun hat, denn auch das ist ja etwas, was nicht für alle gleich attraktiv oder einfach ausführbar ist. Dazu hatten wir uns eine Szene ausgedacht, die es leider nicht ins Video geschafft hat: Zwei weiblich sozialisierte Menschen, eine davon fett* sitzen gemütlich irgendwo, essen Muffins, necken sich und schmieren sich den Zuckerguss ins Gesicht. Leider, leider taucht es nicht im Video auf, aber nun ist es eurer Phantasie überlassen, euch das vorzustellen.

* Selbstbezeichnung

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Tags: Fat Acceptance, Heteronormativität, One Billion Rising, Rassismus, Sookee, Tanz, Video

Eintrag geschrieben: Samstag, 9. Februar 2013 um 18:18 Uhr unter Samstagabendbeat. RSS 2.0. Kommentieren. Trackback.



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34 Kommentare

  1. Helena sagt:
    9. Februar 2013 um 19:56

    Danke für den Artikel.
    Es freut mich, dass nun doch vermehrt Kritik auch in verschiedenen feministischen blogs an one billion rising sichtbar wird.
    gerade die mobi-videos, in denen eindeutig rassistische stereotype wiedergegeben werden und sexualisierte gewalt unnötig ausführlich und in szene gesetzt dargestellt wird, und das ohne triggerwarnung, haben mich ziemlich verärgert und ich habe mir anschließend die frage gestellt, was genau one billion rising eigentlich damit bezwecken will?. Ist es wirklich nötig, sexualisierte gewalt auf eine solche art und weise darzustellen? und dann noch mit dramatischem soundtrack? Sexualisierte gewalt brauch keine inszenierung für ein video, damit klar wird, was für ein ausmaß sie hat.
    und vorallem, ist es angebracht, dass weiße frauen auf die straße gehen und tanzen (!!) um gegen sexualisierte gewalt an women of colour, wie es im video dargestellt wird, zu protestieren??
    Diese Fragen habe ich übrigens auch sookee in einer mail gestellt, in der ich sie darum bitte, sich als unterstützerin von one billion rising zu der kritik zu äußern und sich zu positionieren. bis jetzt habe ich leider noch keine antwort bekommen.

  2. Eva Vogt sagt:
    9. Februar 2013 um 21:27

    @Helena.

    Es ist wirklich nötig, sexualisierte Gewalt auf diese Art darzustellen, so darzustellen, wie sie ist. Warum beschönigen oder verschleiern? Wir müssen die Menschen wachrütteln, die Menschen, die nicht wissen, wie es ist, die verdrängen, wie es ist, nicht wahrhaben wollen. Menschen sind nun mal visuelle Wesen, die durch Bilder sehen, fühlen, denken. Jedes Bild bewirkt mehr, als tausend, schicke Blogartikel. Wenn wir eine Veränderung wollen, müssen wir so agieren.

    Es ist angebracht, dass weiße frauen auf die straße gehen und tanzen (!!) um gegen sexualisierte gewalt an women of colour, wie es im video dargestellt wird, zu protestieren. Ja, weil alle Frauen* auf die Straße gehen, egal, welcher Hauttönung, weil alle Frauen* betroffen sind, gemeinsam – solidarisch.

  3. psychofemme sagt:
    10. Februar 2013 um 10:18

    Also das Thema Tanzen hat mich auch beschäftigt, und bei uns wird es wahrscheinlich niht zu einem Tanzmob kommen, weil es noch mehr Tanzscheue wie mich gibt. Musik als Element finde ich gut, aber ich bin einfach zu scheu und auch nicht gerade anmutig, so dass es mir eher unangenehm wäre.
    Aber eigentlich kommentier ich, weil ich es total schön finde, dass ihr euch Gedanken über Körpervielfalt im Video gemacht hattet, denn es war mir schon aufgefallen, dass das etwas fehlt. Sehr schade, dass die Szene nun nicht gezeigt wurde, denn sie hätte einen schönen Charakter gehabt (für so Menschen wie mich, die mit Skateboards eher wenig zu tun haben:-) ). Aber jetzt stelle ich sie mir einfach vor, das ist ja auch schon was.

  4. obros sagt:
    10. Februar 2013 um 15:51

    Danke für Eure immer wieder lesenswerten Artikel.
    Habt Ihr Lust auf eine gemeinsame Weiterarbeit nach OBR? Ihr seid herzlich eingeladen:
    starkefraueninternational.wordpress.com/

  5. hannah sagt:
    10. Februar 2013 um 18:25

    hier ein interview mit sookee, kritik an OBR wird auch thematisiert:
    jungle-world.com/artikel/2013/06/47107.html

  6. FYI: Weltweite Aktionen zum V-Day (#onebillionrising) | Genderpopender sagt:
    11. Februar 2013 um 20:32

    [...] besonders sensibel oder differenziert vorgeht (eine ausführliche Betrachtung dazu findet mensch hier). Es empfiehlt sich also, die vermittelte Perspektive zu hinterfragen und die Komplexität des [...]

  7. One Billion Rising – Weltweite Kampagne gegen Gewalt an Frauen und Mädchen am 14. Februar sagt:
    12. Februar 2013 um 11:18

    [...] Kampagne findet großen Zuspruch, das Kampagnenvideo hingegen wird von einigen Seiten harsch kritisiert: es reproduziere rassistische Stereotype, da sexualisierte Gewalt nur von [...]

  8. Sissy sagt:
    13. Februar 2013 um 02:01

    Etwas stört mich sowohl an der Stellungnahme von GLADT e.V. als auch in obenstehendem Text, der diese zitiert: Vielleicht ist das kleinlich, aber die Formulierung “Weiße Frauen sitzen ordentlich gekleidet im Großraum-Büro” halte ich für eher unglücklich, da sie impliziert, dass alle schwarzen Frauen und Women of Colour im Video nicht “ordentklich gekleidet” – was auch immer das sein mag – wären. Das liest sich für mich doch sehr überheblich, wenn nicht gar ebenfalls rassistisch.

  9. Karo sagt:
    13. Februar 2013 um 09:54

    Mich ärgert, dass in keinem der Videos ältere Frauen angesprochen werden.

  10. distelfliege sagt:
    14. Februar 2013 um 02:43

    Ich habe nachdem ich die Stellungnahme von GLADT gelesen hatte, nun doch das OBR Video angeschaut. Ich steh eigentlich nicht auf diese dramatischen Videos und finde das nur unnötig schmerzend, deshalb hatte ich es mir gar nicht angeschaut bislang.
    Ich hatte mir auch gedacht, ja, die haben voll recht, es ist einseitig und rassistisch stereotyp, die weiße Frau als “Luxusbetroffene” hinzustellen und die “wirklich bösen” sind alles Männer of Color, denn es gibt in Europa und z.B. auch in Deutschland genug häusliche Gewalt, ausgeübt durch weiße “Biodeutsche”, die für viele Frauen jahrelange Gefangenschaft und am Ende sogar den Tod bedeutet. Das wird nur gern mal alles auf “die Fremden” ausgelagert, weil “bei uuuns kommt das ja nicht vor etc” (würg).

    Als ich das Video ansah wurde da aber genau das auch gezeigt, ein weißer Täter prügelt da auch eine weiße Frau in einer privaten Wohnung zu Boden. Nicht dass dadurch alles gut wird. Aber das musste ich schon zugute halten, dass die körperliche Gewalt nicht ausschliesslich auf PoC ausgelagert wurde sondern auch ein Weißer Gewalt ausübt.

    Was ich an dem Video wie erwartet total unangenehm fand, war diese unnötig ausführliche Darstellung von Gewalt an Frauen*. Und ich denke schon, auch wenn auch ein paar Weiße als Betroffene gezeigt wurden und halt nicht nur im Großraumbüro, sondern auch als Betroffene und Täter häuslicher Gewalt, existieren einfach in Deutschland massiv die Stereotypen, dass “wir hier” es ja “besser” haben und das wiederum reproduziert halt dieses in kolonialer Tradition stehende europäisch-weiße Sendungsbewusstsein, anderen irgendwie die Segnungen der Humanität charitymässig angedeihen lassen zu müssen.
    Ich hab ja neulich den Artikel von Nadine und Di Hia gelesen, (medienelite.de/2013/02/10/solidaritat-auf-2-000-km-luftlinie/) wo auch thematisiert wurde, wie solidarisch sein aus weißer, europäischer Perspektive gehen kann ohne in dieses Bevormunden zu kippen. Und genau da hat das Video, finde ich, total verkackt.

    Unterm Strich denke ich mir, OBR ist besser als gar nichts und ich hoffe schon, dass dadurch, dass es wirklich weltweit was geht, die Aktivist_innen of Color im globalen Süden und ihre Aktionen von uns in Deutschland wahrgenommen werden direkt mit ihren Stimmen und nicht mit den Bildern die dieses Mobi-Video von ihnen verbreitet hat.

  11. E. sagt:
    14. Februar 2013 um 09:19

    NEIN – ich werde NICHT spirituell tanzen… sorry. Das ist ne totale universalisierende Vereinnahmung von Menschen (auf verschiedensten Ebenen). Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Ich werde kein Teil dieser “Spiritualisierung” von “Frauenpolitik” über “Körperpolitik” sein! Und wer weiss wie das dann medial weltweit verkauft wird? Als erfolgreiche spirituell-politische Aktion… neee… sorry, nicht meine Aktion. Glaube da würde ich mich eher Femen anschließen (lach – natürlich bin ich bei Femen auch inhaltlich weit weg, aber die haben zumindest religionskritisches Programm) und nackt gegen den homophoben Papst protestieren (vimeo.com/57351950) als einen auf “spirituelle Kuschel-Tanz-politik” mit ansonsten konservativen Leuten zu machen. Durch diese Aktion wird Spiritualität als “Empowerment” stilisiert und attraktiv gemacht…. ich sehe diesen Tanz als eine Art politisches Tanzgebet, gerade wenn man sich mal die mit christlicher Symbolik beschmückte Choreographin anschaut, die erklärt, dass das Heben der Hände symbolisch bedeute dass man sich an eine “spirituelle Macht” zuwendet: onebillionrising.org/blog/entry/let-debbie-allen-teach-you-the-steps-to-the-break-the-chain-choreography

  12. Magda sagt:
    14. Februar 2013 um 11:19

    Hallo E.,

    an den Femen gibt es allerdings auch ganz schön viel zu kritisieren…

  13. Miria sagt:
    14. Februar 2013 um 11:53

    Also ich finde One billion rising eigentlich schon gut, es erzeugt Aufmerksamkeit. Etwas indifferent bin ich bei dem Thema, ob es sein muss, dass Gewalt so deutlich gezeigt wird. Einerseits ist es natürlich gut, um den Menschen vor Augen zu führn, was los ist. Andererseits besteht natürlich die Gefahr der Retraumatisierung, wenn diese Darstellungen von Betroffenen gesehen werden…

    Was ich nicht gut finde, ist eure Idee, unterschiedliche Körper mit in das Video einzubringen. Das gesamte Video ist in Bewegung: Skateboard, Tanz… aber ausgerechnet Personen, die gewichtsmäßig nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechen sollen wie es dem allgemeinen Klischee entspricht mit Süßspeisen gezeigt werden. Das geht mal gar nicht! Auch Leute mit etwas mehr Gewicht können tanzen, Skateboard fahren oder sich irgendwie anders bewegen. Dicke Menschen sind nicht nur am Essen!
    Wäre es wirklich darum gegangen, dass auch nicht alle Menschen sportlich sind (was zutrifft, aber nichts mit deren Körper zu tun hat) hätte man für diese Szene dann vielleicht der Vielfalt halber dünne Menschen nehmen sollen!
    So wie ich das hier verstehe wäre die einzige dicke Person beim klischeehaften Muffinessen gezeigt worden, sehr schade!

    Liebe Grüße,
    Miria

  14. Anna-Sarah sagt:
    14. Februar 2013 um 12:26

    @E.: Persönlich teile ich deine Kritik größtenteils, möchte aber zusätzlich zu Magdas Hinweis zu bedenken geben:

    Durch diese Aktion wird Spiritualität als “Empowerment” stilisiert und attraktiv gemacht

    Für viele Frauen *ist* Spiritualität empowernd, und Religionskritik, wie sie gerade aus weißer, global westlich-feministischer Perspektive erfolgt, hat oftmals auch mit Privilegien zu tun, die mit dieser Perspektive verbunden sind. Nicht umsonst gibt es gegen ein undifferenziertes “Religion unterdrückt Frauen”-Credo Einwände nicht zuletzt von Feministinnen of Color.

  15. Magda sagt:
    14. Februar 2013 um 13:03

    Hallo Miria,

    hä? Wie kommst du darauf, dass es mir_uns *nur* darum ging, dicke Menschen beim Essen zu zeigen? Das war *eine* Szene, wo eine dünne und eine fette* Person (beide weiblich sozialisiert) ohne schlechtes Gewissen (!) und mit Spaß in der Öffentlichkeit essen, die es – wie ich beschrieb – nicht in das Video geschafft hat, obwohl dies eine Szene wäre, wo es mal nicht um viel Bewegung, sondern um Ruhe geht (was es ja wohl auch geben muss). Dass diese Szene nicht dabei ist, ist schade, wie ich schrieb, denn (sportliche) Bewegung ist auch ein Ausschlussgrund für viele.

    Wo schreibe ich, dass dicke Menschen nicht tanzen, skateboarden etc. können_wollen? Wenn du das Video gesehen hast, dann ist dir vielleicht aufgefallen, dass da ein paar waren, wenn auch leider nie im Vordergrund (wäre hier interessant zu fragen, warum das so ist). Eine wichtige Frage ist auch: Wer fühlt sich von viel Bewegung/Sport angesprochen? Wer hat schlechte Erfahrungen mit Sport_Bewegung gemacht (egal, wie sportlich die Person ist)? Obwohl ich besonders in meinen Teenagerjahren recht sportlich war, sind die meisten Formen von Sport für mich ein rotes Tuch, weil ich schlechte Erfahrungen in Sportgruppen gemacht habe inklusive Dickenfeindlichkeit, z.B. dass mir nichts zugetraut wurde oder ich gehänselt wurde etc. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum sich so wenige dicke und fette Menschen von dem Videodreh angesprochen fühlten: Nicht alle können ihre Körper selbstverständlich in der Öffentlichkeit präsentieren, denn einige von uns haben mit Sanktionen zu rechnen.

    Leider stellst du diese Fragen nicht, sondern meckerst über eine Szene, die sich eine fette* Person ausgedacht hat, weil sie das als Statement (unter vielen anderen Statements in diesem Video!) wichtig fand.

    PS: rein sprachlich hab ich schon ein Problem mit deinem Beitrag (“Leute mit etwas mehr Gewicht” – bitte? “Mehr Gewicht” als wer?? Bitte nicht sprachlich die Norm bestätigen, die du eigentlich kritisierst)

    * Selbstbezeichnung

  16. Miria sagt:
    14. Februar 2013 um 13:20

    @Magda: Ich habe mir das Video angeschaut und mir sind keine Menschen aufgefallen, die von ihrem körperlichem Gewicht nicht der Norm entsprechen. Vielleicht gab es diese im Hintergrund und ich habe sie nicht gesehen (weil zu weit im Hintergrund). Ich habe auch nicht behauptet, dass du davon ausgehst oder geschrieben hast, dass dicke Menschen nicht Tanzen, Skateboard fahren oder sich sonstwie bewegen können, nur dass es mit dieser Szene im Video so gewirkt hätte als ob diese das nicht könnten oder sollten…

    Vielleicht gab es ja noch mehr Szenen, in denen dicke Menschen ganz anders gezeigt werden und die es auch nicht ins Video geschafft haben. Aber da ich nicht an den Überlegungen beteiligt war, kann ich nur von dem ausgehen, was hier geschrieben wurde und da gibt es nunmal nur das Video und die Beschreibung dieser EINEN Szene. Ich habe auch nicht geschrieben, dass es *nur* darum ginge, dicke Menschen beim Essen zu zeigen, sondern dass durch diese Szene das Klischee bestätigt gewesen wäre. Ich bin mir nichtmal sicher ob dir oder euch das zu dem Zeitpunkt so bewusst war.

    Natürlich hast du Recht damit, dass sich nicht jeder von Sport angesprochen fühlt und vielleicht einige auch schlechte Erfahrungen mit Sport in Vereinen oder Gruppen gemacht haben. Aber meiner Meinung nach hätte das ganze Video dann anders gestaltet werden müssen. So wie ich das jetzt sehe, gibt es keine einzige ruhige Szene. Wie gesagt, ich weiß ja nicht, was es noch für Überlegungen gab. Ich fände es einfach nur unpassend, gerade in der einzigen (?) ruhigen Szene eine dicke Person essend zu zeigen.

    Ich meckere im Übrigen nicht, sondern kritisiere! Kleine Kinder meckern. Und nur weil die Person selbst auch dick ist, heißt es nicht, dass sie damit keine anderen Menschen verletzten kann! Wie bekannt sein müsste, können auch Frauen sexisitsch sein und genauso kann auch eine Szene, die von einer dicken Person erdacht wurde, andere dicke Menschen verletzen.

    Ps. Mit etwas mehr Gewicht, meine ich natürlich mehr als die “Norm” (gesellschaftlich geltende Schönheitsnorm). Ich sehe nicht, wo ich da irgendwas bestätige, wäre dir hier für genauere Hinweise dankbar?

  17. Magda sagt:
    14. Februar 2013 um 13:54

    @ Miria

    Wie gesagt: Es waren ein paar (wenige) dicke und fette Menschen da, die sich (unter anderem) mit ein paar dünnen Menschen auch eine Szene ausgedacht haben, in der ohne schlechtes Gewissen und mit viel Spaß gegessen wird – neben den 100.000 Tanzszenen, die es in diesem Video bereits gibt. So hatte ich das auch beschrieben. Das wäre auch eine der wenigen Szenen gewesen, wo mensch überhaupt eine Nahaufnahme von einer dicken Person gesehen hätte – ansonsten halt nur im Hintergrund. Dass es dann noch nicht mal diese Szene reingeschafft hat, ist traurig (insbesondere für die fat-Aktivistin). Ich frage mich also, warum diese Szene verletzend sein soll…? Ist ja nicht so, als hätten die Dünnen alle Sport gemacht und die Dicken alle gegessen (das fände ich auch schwierig), sondern alle haben getanzt, gesessen und Spaß gehabt und einige haben sich dann noch die Szene ausgedacht.

    Fand an deinem Beitrag einfach ärgerlich, dass du mir und der fat-Aktivistin etwas unterstellst, was einfach nicht in meinem Beitrag steht und dann auch noch (zumindest las ich das ohne kritische Einbettung) so etwas schriebst: “Auch Leute mit etwas mehr Gewicht können tanzen” als würdest du mir oder anderen hier in diesem Kontext was neues erzählen.

    Zur Erinnerung, ich schrieb folgendes:

    Im Vorfeld hatten ein paar Freund_innen und ich uns übrigens Gedanken gemacht, wie in dem Video mehr Sichtbarkeit für Körper geschaffen werden kann, die nicht der schlanken Norm entsprechen. Außerdem wollten wir etwas machen, was nicht mit Sport oder viel Bewegung zu tun hat, denn auch das ist ja etwas, was nicht für alle gleich attraktiv oder einfach ausführbar ist.

    Wir wollten also 1. mehr Sichtbarkeit für Körper jenseits der schlanken Norm haben (was schwer ist in einem Rahmen, der bestimmte Körper implizit ausschliesst) und wir wollten 2. eine Szene machen, an der eine dünne und eine dicke Person beteiligt sind, die selbstbewusst essen. Finde also nicht, dass hier nur Dünne tanzen und Dicke essen. Finde gerade wichtig, dass Menschen mit unterschiedlichen Körpern dabei gefilmt werden, ohne schlechtes Gewissen zu essen.

  18. distelfliege sagt:
    14. Februar 2013 um 20:33

    Anna-Sarah: Danke für diese Wortmeldung.

    Ich finde es auch völlig okay, wenn eine sagt, Spirikram ist nicht ihr Ding und sie mag da nicht mitmachen, aber gleich zu sagen “Da wird ja Spiritualität attraktiv gemacht” als sei es völlig selbstverständlich, dass jede hier das abscheulich finden muss, finde ich vereinnahmend. Ich bin eine Frau* die Spiritualität empowernd findet, wenn ich mir auch mehr Spiritualität jenseits von biologistischen “Wir Frauen, die alle Vaginas haben” wünschen würde. Die gibt’s ja auch, es könnte aber ruhig mehr und lauter sein :)

  19. Neues von Axe, Social Media Abgründen & der Berlinale – Linkspam sagt:
    15. Februar 2013 um 11:38

    [...] der Aktion hatten sich viele Menschen auch kritisch mit der Aktion auseinander gesetzt. U.a. Magda bei der Mädchenmannschaft. Faserpiraten fasst ihrer Eindrücke vom Event mit “Dieses Event war irgendwie nicht für [...]

  20. Judith sagt:
    15. Februar 2013 um 13:41

    In gewisser Weise muss ich hier E. beipflichten.
    Ich empfand den spirituellen Aspekt der Veranstaltung gestern als ausschließend.
    Und nein, ich möchte niemandem seine Spiritualität absprechen, Feministinnen, die sich durch ihren Glauben empowered sehen, christliche Feministinnen, muslimische Feministinnen .. wunderbar .. wirklich. Und wenn Ihr, liebe spirituellen Feministinnen Euren individuellen Glauben mit auf Veranstalutungen bringt, schön.
    Nur wenn diser spirituelle Aspekt *offizieller* Teil der Veranstaltung ist, Teil der offizielen Songs, Teil der offizielen Choreographien, wenn Leute mit OBR-Logo Plakaten rumlaufen auf denen My Body Is Holy steht. Ne, also, mein Körper ist nicht “heilig”, ich werde das nicht singen, tanzen oder unter Plakaten herlaufen, auf denen sowas steht.
    Abgesehen davon, sehe ich auch nicht, wo im Westen religionskritische Menschen priviligiert wären.

  21. Zur #1billionrising-Demo in Freiburg » Continuum sagt:
    15. Februar 2013 um 13:58

    [...] von One Billion Rising in mehrerer Hinsicht problematisch finde. Gute Artikel dazu kommen u.a. von Magda bei der Mädchenmannschaft und von Nadia auf ihrem Blog Shehadistan. Letztendlich habe ich mich dennoch dazu entschieden, [...]

  22. Nadine sagt:
    15. Februar 2013 um 14:27

    “Abgesehen davon, sehe ich auch nicht, wo im Westen religionskritische Menschen priviligiert wären.”

    @judith

    Anna-Sarah schrieb, dass es sich um Religionskritik aus weißer, westlicher Perspektive handelt, nicht um religionskritische Menschen. Westlich geprägte Länder sind christlich säkularisiert, das Christentum ist “Staatsreligion”, Werte, Vorstellungen, Ideologien und Glaubensgrundsätze haben sich in Rechtsnormen, Diskurse über und gegen Religion (ja auch sogenannte atheistische) eingeschrieben und “leben” dort sozusagen weiter, auch wenn nicht immer ein Bezug zum Christentum hergestellt wird. Wir sehen das bspw an liberalen Grundsätzen, die ständige Bezugnahme zu “Moral” und “universalen” “Werten”. Der Glaube an Gott ist nun mehr oder weniger der Glaube in Rechtsstaatlichkeit, in vom Staat legitimierte Autoritäten usw usf. Das heißt nicht, dass Atheismus oder Religionskritik immer obrigkeitsgläubig sind, sondern genau geschaut werden muss, woher die Kritik kommt. Aus der bürgerlichen Mitte operiert Kritik an Spiritualität und Religion in den meisten Fällen mit christlich geprägten Ideologien, auch in linken Kontexten sind liberale, christlich säkularisierte Diskurse in die Religionskritik eingeflossen.

    Das Christentum wird eng mit Europa und Weißsein verknüpft und seine heutige Verbreitung geht auf Geschichten der Vertreibung, von kolonialer Gewalt und gewaltvoller Expansion (“Kreuzzüge”) zurück. Wenn Religion(en) und Spiritualität aus einer vermeintlichen religionskritischen, “atheistischen” und v.a. deutschen Perspektive kritisiert werden, erfolgt diese Kritik aus einem weißen, westlichen (europäischen) Bezugsrahmen heraus, in den christliche Werte und Ideologien eingeschrieben sind, ebenso Rassismen und Kulturalisierungen und damit einhergehend die Abwertung “des Anderen, Orientalen, etc.” Religions”kritische” Diskurse sind anerkannte Diskurse in Deutschland, sie werden kaum kritisiert, die Trennung von Staat und Kirche ist nur scheinbar eine Trennung, wenn wir uns – wie ich oben schrieb – die strukturelle und diskursive Verankerung des Christentums in Deutschland anschauen, bestes Beispiel ist die Institution Kirche als größter “Arbeitgeber”, die weitestgehend von arbeitsrechtlichen Grundsätzen abweichen darf. Ich sage nicht, dass das nicht Teil von Religionskritik sein kann und ist, ich behaupte lediglich, dass es nicht DIE Ausübung von Religionen auf der einen und DIE Kritik daran auf der anderen Seite gibt. So wie in der DDR Menschen verfolgt und systematisch diskriminiert wurden, die katholisch oder evangelisch praktizierten, so wurde doch nach dem Mauerfall tunlichst darauf geachtet, gerade den christlichen Glauben wieder zu kultivieren. Religionskritische Stimmen stehen nicht außerhalb dieser Einschreibungen und Diskurse, haben keine Meta-Perspektive auf Religion. Nächstes Beispiel wäre die Verhandlung des Islam in Deutschland. Insofern ja, würde ich Anna-Sarah zustimmen. Religionskritik erfolgt häufig aus privilegierter Perspektive und darf jederzeit unsanktioniert geäußert werden, auch wenn z.B. krasse Rassismen darin mitschwingen.

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