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Wie teuer darf ein Bürgerhaushalt sein?

Ein häufiger Kritikpunkt an Beteiligungsprojekten wie dem Bürgerhaushalt sind die damit einhergehenden Kosten: Vor allem in Zeiten knapper Kassen sollten die Kommunen ihre knappen Gelder nicht für so teure Projekte verschwenden. Dieser Kritik muss sich nun auch der Bonner Bürgerhaushalt stellen.

Bereits während des Verfahrens wurde von Seiten der Bürger, aber auch von Bürgerhaushaltsgegnern wie Stephan Eisel die Frage nach den Kosten des Verfahrens gestellt. Diese wurden mit rund 70.000 Euro für die externe Beratungsfirma Zebralog beziffert, die der Stadt die Plattform zur Verfügung stellte und das Verfahren begleitete. Vier Monate nach Abschluss des Verfahrens wurde nun aber bekannt gegeben, dass die tatsächlichen Kosten sich auf gute 300.000 Euro belaufen – der größte Anteil sind dabei die internen Personalkosten der Statdtverwaltung.

Skeptiker wie die Bonner SPD und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Stephan Eisel (CDU) sehen ihre Zweifel damit bestätigt: Das Projekt sei auch finanziell aus dem Ruder gelaufen, moniert SPD-Ratsfrau Gabriele Klingmüller laut einem Artikel des Bonner General-Anzeigers. Der Grund hierfür sei, dass die Plattform völlig überladen gewesen sei und dadurch immer neue Zusatzaufgaben in der Verwaltung anfielen. Eisel rechnet: Hinter den gut 12 000 Mailadressen, die sich für „Bonn packt’s an“ registrieren ließen, stünden nur etwa 8 000 Bonner, wenn man Ortsfremde und Mehrfachteilnehmer abziehe. Insofern habe die Befragung pro Bonner Teilnehmer mehr als 30 Euro gekostet. „Davon ließen sich mehrere repräsentative detaillierte Meinungsumfragen finanzieren.“

Ganz anders bewertet hingegen Guido Pfeiffer von den Grünen die aktuellen Kostenberechnungen: Die Personalkosten derart kritisch zu betrachten hält er für nicht korrekt, denn eine Beteiligung der Verwaltung am Bürgerhaushalt war offiziell gewünscht. Außerdem sei das Personal und die damit verbundenen Kosten doch sowieso vorhanden. So wird auch in einer Stellungnahme der Stadt argumentiert, in der es heißt, dass die Dienstleistungen der Verwaltungsmitarbeiter für die Bürgerbeteiligung im Rahmen ihrer Aufgaben zusätzlich erbracht worden sind. Die Personalkosten wären also in jedem Fall entstanden. Pfeiffer sieht den Bürgerhaushalt weiterhin als Chance für die Zukunft: „Wir haben damit Dinge nachgeholt, die jahrelang nicht gemacht wurden. Und das ist nicht zum Nulltarif zu haben.“

Am Ende bleibt für wohl alle Bürgerhaushaltsverfahren die Frage nach einer Legitimität der Kosten: Wie viel ist eine Beteiligung der Bürger wert, wie viel Kosten sind tatsächlich nötig und wie sehr wünschen die Bürger sich solche Ausgaben überhaupt?

Link zum vollständigen Artikel des Bonner General-Anzeigers

Montag, 20.6.2011 von Redaktion

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Abgelegt in: Diskussion | Kommunen | Neuigkeiten | Praxis | Pressespiegel

Schlagwörter: Bonn | E-Partizipation | Finanzkrise Sparen | Kritik

Kommentare:
  1. Tim Bonnemann kommentiert:
    28. Juni 2011 um 22:35

    Die Stadt Calgary, Alberta (Kanada) hat soeben eine Haushaltsberatung durchgeführt. Hatte noch keine Gelegenheit, in die Details zu gehen, aber soweit ich das sehen kann, belaufen sich die externen Kosten auf insgesamt CAD 800.000. Laut Abschlussbericht (PDF: www.calgary.ca/docgallery/BU/finance/BPBC3/Calgary_Budget_Report_FINAL.pdf) wurden ca. 25.000 Burger erreicht.

    Zum Vergleich vielleicht ganz interessant.

  2. e-Participation Blog » Blog Archive » Die Kosten der Bürgerbeteiligung kommentiert:
    10. August 2011 um 12:07

    […] Bürgerhaushalt.org stellt in einem interessanten Beitrag u.a. die Frage, was ein Bürgerhaushalt kosten darf. Diese Frage kann man mit einer Berechnung des Return on Invest beantworten. Dann wäre ein Projekt sinnvoll, wenn es durch das Feedback der Bürger mindestens soviel Kosten spart, wie die Umsetzung und Betreuung kostet. […]

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